Niko Rittenau im Interview
Niko Rittenau, studierter Ernährungsberater mit dem Fokus auf pflanzlicher Ernährung, steht Heimgart Rede und Antwort rund um das Thema gesunde Ernährung und die geballte Power von Microgreens.
Worauf ist generell bei einer gesunden Ernährung zu achten?
Niko Rittenau: Sehr vereinfacht gesagt, sollte man im Rahmen einer gesunden Ernährung so viele gesundheitsförderliche Lebensmittel zu sich nehmen, dass nur ein geringer Platz für weniger gesundheitsförderliche bleibt. Konkret bedeutet dies, auf eine pflanzenbetonte Ernährung mit großen Mengen an Gemüse, Obst, Vollkorngetreiden und Hülsenfrüchten, ergänzt durch Nüsse und Samen, zu achten. Verarbeitete Gerichte, egal ob pflanzlich oder tierisch, enthalten oft zugesetzte Fette und Zucker und sollten deshalb genauso reduziert werden wie rotes Fleisch und die meisten Süßigkeiten. Andere tierische Produkte, wie Milch, können zu Gunsten von vollwertigeren pflanzlichen Alternativen ersetzt werden. Aus rein gesundheitlichen Gründen muss niemand komplett auf tierische Produkte verzichten. So steht bei den langlebigsten Menschengruppen tierische Nahrung auf dem Speiseplan, allerdings besteht dieser zu etwa 90 Prozent aus Pflanzen.
Wie erfolgsversprechend sind Crash-Diäten und Detox-Programme?
Niko Rittenau: Crash-Diäten können kurzfristig zu starken Gewichtsverlusten beitragen. Untersuchungen zeigen jedoch, dass diese nicht lange anhalten. Daher bin ich generell gegen jede Art von Diät, sondern plädiere für eine Umstellung des gesamten Lebensstils zu einer gesünderen Ernährung. Es geht nicht darum, für ein paar Wochen oder Monate zu hungern oder sich alles zu verbieten, um danach wieder in alte Gewohnheiten zu verfallen. Vielmehr muss eine gesunde Ernährung so schmackhaft, alltagstauglich und ausgewogen sein, dass sie dauerhaft umgesetzt werden kann. Nur so lässt sich langfristig etwas Gutes für die Gesundheit tun und das Gewicht ganz „nebenbei“ reduzieren.
„Detox“ ist seit Jahren in Mode, stellt aber aus wissenschaftlicher Sicht nach meinem Kenntnisstand ein Missverständnis dar. Unser Körper entgiftet sich jeden Tag von alleine und das Beste, was man machen kann, ist ihm einfach auf täglicher Basis gesundheitsförderliche Lebensmittel zuzuführen. Eine zweiwöchige Detox-Kur wird an den Ernährungsfehlern des Vorjahres wenig ändern. Wenn „Detox“ allerdings als Anlass genutzt wird, um sich generell gesünder zu ernähren, ist das großartig.
Gibt es dennoch „Superfoods“ die unsere Gesundheit besonders unterstützen?
Niko Rittenau: Wir sind umgeben von Superfoods! Brokkoli, Grünkohl, Rotkohl, Walnüsse, Leinsamen, Beeren, Bohnen, (Wild-)kräuter und viele weitere heimische Lebensmittel sind echte Superfoods, die sich in Sachen Nährwert nicht vor ihren exotischen Kollegen verstecken müssen. Viele der genannten Gemüsesorten gibt es darüber hinaus auch als Microgreens für den eigenen Anbau zu Hause. Somit kann man sich auch im Winter selbst mit frischem Gemüse versorgen und erhält dabei noch eine Extraportion Nährstoffe.
Warum sind Microgreens so gesund?
Niko Rittenau: Studien zeigen, dass Microgreens im Verhältnis zu ihrem Gewicht mehr Nährstoffe enthalten als ihre ausgewachsenen Pendants. So ist beispielsweise der Gehalt an Beta-Carotin, Vitamin E und Vitamin C in Rotkohl Microgreens um ein Vielfaches höher als in der ausgewachsenen Pflanze. Das soll nicht heißen, dass Rotkohl, Brokkoli oder Grünkohl, wie wir ihn im Supermarkt finden, kein wunderbares Gemüse ist, aber Microgreens sind nährstofftechnisch einfach unschlagbar. Dies liegt zum einen an der dichteren Nährstoffkonzentration der jungen Pflanze. Zum anderen liegt es auch daran, dass es keinen Verlust der Nährstoffe durch Transport und Lagerung gibt. Denn zwischen Ernte und Verzehr der Microgreens vergehen meist nur wenige Sekunden.
Apropos Verzehr: Einige sekundäre Pflanzenstoffe wie beispielsweise das Sulforaphan im Brokkoli, Rotkohl oder anderen Kreuzblütlern wird durch die falsche Zubereitung beim Kochen oft nicht ausreichend gebildet, da das dafür notwendige Enzym hitzeempfindlich ist. Wenn allerdings ein paar Microgreens zum gekochten Brokkoli oder Rotkohl hinzugegeben werden, hilft das darin enthaltene Enzym dabei, jenes gewollte Sulforaphan auch noch im gekochten Rotkohl oder Brokkoli zu bilden.
Zu guter Letzt eignen sich Microgreens aufgrund ihrer zarten Textur und ihrer gesundheitsfördernden Eigenschaften in geringen Mengen prima für Menschen, die keine so großen Gemüseliebhaber sind. Außerdem erlebe ich sehr oft, dass die bloße Anzucht von eigenen Microgreens den Bezug zu gesunder Nahrung und damit das gesamte Essverhalten verbessert.
Gibt es besonders gesunde Microgreens?
Niko Rittenau: Jene Pflanzen, die im ausgewachsenen Stadium sehr nährstoffreich sind, sind auch unter den Microgreens die Spitzenreiter. Grundsätzlich gilt aber in meinen Augen: Die besten Microgreens sind jene, die einer Person am besten schmecken. Denn dadurch werden mehr davon gegessen und entsprechend mehr Nährstoffe aufgenommen. Müsste ich mich jedoch für eine Gruppe an Microgreens entscheiden, dann wären es die Kreuzblütler wie Rotkohl, Brokkoli oder Rauke aufgrund des zuvor erwähnten Sulforaphans, welches man nur in dieser Familie in dieser hohen Konzentration findet.